@huhuco
Selbstreflexion – die wundervolle Welt der Scheinriesen

Kennt Ihr das, wenn Ihr vor einer Herausforderung oder Veränderung steht, und es Euch so vorkommt, als stündet Ihr vor einem riesigen unüberwindbaren Hindernis? Und Ihr habt den Impuls, Euch lieber in die nächste Höhle zu verkriechen? Veränderungen machen schnell Angst, denn sie wirken häufig größer, als wir selbst. Wir haben oftmals keine Ahnung, was da auf uns zukommt, kommen uns klein und ohn-mächtig vor – im wahrsten Sinne des Wortes „ohne Macht“.
Rein evolutionär gesehen ergibt es also total Sinn, lieber da zu bleiben, wo man ist oder im Angesicht eines gefühlten Säbelzahntigers in die entgegengesetzte Richtung zu verschwinden. Gleichzeitig gestalten sich dann notwendige Veränderungen um so schwieriger und wir halten uns von uns selbst fern.
Neulich sind mir mal wieder Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer über den Weg gelaufen. Und dort speziell eine Figur. Erinnert Ihr Euch, wie sich die beiden in der Wüste am Ende der Welt verirrten, als am Horizont plötzlich eine riesige Gestalt auftauchte, die ihnen höllische Angst machte? Sie nahmen all ihren Mut zusammen und je näher sie der Gestalt kamen, desto kleiner schien diese zu werden. Als sie vor ihr standen, erwies sie sich als ganz normal großer freundlicher Mann, der Herr Tur Tur hieß und darüber erzählte, wie viele Menschen Angst vor ihm hätten, weil er von weiter weg sooo riesig erscheine.
Ich mag dieses Bild so gern, ist es doch auf uns selbst, auf Teams und Organisationen gleichermaßen übertragbar. Herr Tur Tur nennt sich selbst einen „Scheinriesen“, laut Wikipedia „ein Objekt, das fälschlich oder unberechtigt das Erscheinungsbild von Größe, Stärke oder Macht zeigt oder beanspruchen möchte.“ Viele Herausforderungen oder Veränderungen haben diese Eigenschaften ebenfalls, verlieren jedoch den Schrecken, wenn wir uns erstmal mit ihnen beschäftigen.
„Handle so, dass sich die Anzahl deiner Möglichkeiten vermehrt.“ Diesen Satz zitiere ich immer wieder, weil ich ihn für ein zentrales Ergebnis und Element der Selbstreflexion erachte. Eine dieser Handlungen kann es also sein, sich einem Scheinriesen Schritt für Schritt zu nähern.
Wie kann ich mich dem Scheinriesen also nähern und was mache ich, wenn ich da bin?
Mit jedem dieser Schritte verändert sich die Wahrnehmung der Situation oder Herausforderung. Die wahren Ausmaße, mehr Details und Ansatzpunkte für Lösungen werden sichtbar. Mit jedem Schritt verliert dieses Gebilde an Schrecken und Macht über Euch. Je mehr das geschieht, desto mehr nimmt die Handlungsfähigkeit wieder zu.
Wenn Ihr Euch also nach und nach allen Scheinriesen nähert und Eure Handlungsfähigkeit gestärkt oder zurückerlangt habt, kann Euch so schnell nichts in Schockstarre versetzen oder gar in die Flucht schlagen. Mit neuen Strategien und Denk- und Verhaltensmustern begegnet Ihr neuen Situationen entspannter und bewahrt Eure Resilienz. Als Einzelperson. Als Team. Und auch als Organisation. Was braucht Ihr also, um Eurem Scheinriesen trotz aller Widrigkeiten auf die Pelle zu rücken?
Sichtbar machen, visualisieren und hinterfragen
Wir Menschen sind super darin, Geschichten zu erzählen. Und wir mögen es, Geschichten zuzuhören. Leider erzählen wir uns selbst auch manchmal Geschichten, die verhindern, dass wir uns verändern. Geschichten vom Scheitern und von dem was alles nicht geht, ausgeschmückt mit ganz vielen Warum´s. Solche Geschichten sind tolles Futter für einen Scheinriesen.
Ein Großteil meiner Arbeit besteht daraus, Dinge sichtbar zu machen. Den Geschichten auf den Grund zu gehen. Sie genau anzuschauen. Dazu nutze ich oft Visualisierungen, die das zum Vorschein bringen, was in unseren Köpfen ist. Dadurch wird es uns möglich, einen Schritt zurückzutreten und die Dinge von allen Seiten anzugucken, sie hin und her zu schieben, zu präzisieren, wegzuschmeißen, zu verändern. In erster Linie: Darüber zu sprechen. Das schafft Klarheit, Austausch und Erkennen von Einzelheiten und verschiedenen Perspektiven.
Neugier und Mut
Wenn ich jemandem – auch mir selbst – nahekommen will, dann brauche ich echtes Interesse und Neugier. Ein offenes „wer bist du?“. Ein Aufdecken der Schubladen, in die wir uns selbst immer wieder stecken. Das braucht eine gehörige Portion Mut, denn diese Themen scheinen zu Beginn wirklich groß. Aus eigener Erfahrung kann ich Euch sagen: Wenn Ihr ein paar der Riesen durchschaut habt und das Muster in ihnen erkennt, fällt es immer leichter, sich ihnen zu nähern. Die Prime Directive kann Euch hier sehr gut weiterhelfen.
Nähe & Distanz
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“ (Viktor Frankl, Psychiater)
Ich glaube, dass in diesem Raum auch oft unsere Scheinriesen leben. Ich glaube, dass wir uns dieser Freiheit mit jedem Scheinriesen nähern, den wir als normalgroßes Gegenüber erkannt haben, von dem wir vielleicht sogar etwas lernen können. Dabei ist ein ausgewogenes Verhältnis von sehr genau hinschauen und auch rauszoomen notwendig. Denn so wird erkennbar, welcher Scheinriesen ggfs. mit einem anderen zusammenhängt und sich die Bälle zuspielt.
Das Tolle ist: Mit jedem aufgelösten Scheinriesen kommt Ihr auch Euch näher und lernt Euch kennen. Je besser Ihr Euch kennt, desto eher könnt Ihr steuern, wie Ihr auf Veränderungen und Herausforderungen reagiert. Damit übernehmt ihr nicht nur Verantwortung für Euch selbst, sondern tut auch aktiv etwas gegen das Gefühl der Ohn-Macht, bekommt mehr Einfluss auf das, was mit Euch und in Eurem Leben geschieht.
Und wenn Ihr mehr über den Umgang mit den Scheinriesen erfahren wollt, schaut doch mal bei unserem kostenlosen Webinar vorbei „kurz & gut: Selbstreflexion – Die wundervolle Welt der Scheinriesen“
Ich wünsche Euch viel Spaß dabei diesen freundlichen Wesen und Chancen zu begegnen, die hinter den Scheinriesen auf Euch warten.
Eure Anja